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Kultur bereichert – alle. Auch Menschen, die leicht verständliche Texte brauchen. Aber wie integriere ich Leichte Sprache in ein Museum oder in eine Ausstellung? Als Wandtext, Audioguide, über eine App oder als leicht verständlicher Führung: Die Möglichkeiten sind vielfältig. Hier findest du praktische Hinweise zur Umsetzung.

Wenn der Entschluss gefallen ist, ein barrierefreies Angebot in Leichter Sprache zu schaffen, stellt sich schnell die Frage: Wo anfangen? Oft ist der erste Schritt ein kurzer one pager auf der Website mit den wichtigsten Infos in Kürze. Doch: Ist das wirklich eine gute Idee? Eine Website soll Lust machen, das Museum zu besuchen. Wenn einen im Museum selbst dann aber nur Verstehensbarrieren erwarten, ist das enttäuschend. Das ist Werbung ohne Inhalt.

Ok, starten wir besser im Museum. Aber auch hier gibt es jede Menge zu überlegen: Soll es ein Audioguide werden? Oder Wandtexte? Oder doch lieber ein Begleitheft? Oder reicht das Budget sogar für mehrere Formate? Ist es zielführend, alle Informationen zu übertragen? Soll die Brückenfunktion gegeben sein? Sprich: Soll der Besuchende zwischen Ausgangstexten und Leichter Sprache hin- und herwechseln können?

Jede Frage führt zu weiteren Fragen. Schnell wird deutlich: Einfach mal schnell die Texte übersetzen, funktioniert nicht. Sollen die Inhalte ankommen, muss zunächst ein gut durchdachtes Konzept erarbeitet werden. Hier hat sich gezeigt: Am zielführendsten ist es, wenn dies Menschen aus verschiedenen Bereichen des Museums gemeinsam entwickeln – zum Beispiel in einem halbtägigen Workshop.

Erste inhaltliche Überlegungen

Geht es um den Inhalt, sollte ich mich zunächst fragen: Gibt es ein Überthema, dass sich durch das ganze Museum zieht? Dann ist eine lineare Führung angebracht, also eine feste Route für den Museumsbesuch. Ansonsten müsste ich im Prinzip an jeder Station von vorne beginnen. Denn ich weiß ja nicht, was die Besucher*innen schon gesehen haben.

Zum Beispiel: Bei einem Museum über die Geschichte der DDR müsste ich jedes Mal Grundkonzepte wie Stasi, Sozialismus, Kapitalismus oder Kalter Krieg erläutern. Ich käme vor lauter Erklärungen gar nicht dazu, neue Dinge einzuführen. Sterbenslangweilig und absolut nicht zielführend.

Alternativ könnte ich die Grundkonzepte auslagern, beispielsweise in ein Glossar auf Papier. Das bedeutet aber, dass zwischen zwei Medien hin- und heregwechselt werden muss. Das schaffen sicher nicht alle. Aus diesem Grund sagen die Netzwerk-Regeln, Verweise sollten vermieden werden und alles direkt im Text erklären. Sind die Stationen unabhängig voneinander? Dann kann die Reihenfolge frei sein.

Welches Medium wählen?

Die nächste Frage, die ich mir stellen muss ist: Welches ist das Medium, das sich für meine Zwecke am besten eignet? Wandtexte oder vielleicht lieber ein Begleitheft, eine App für das eigene Smartphone oder einen Audioguide?

1. Wandtexte

Eine sehr gute Lösung. Das Personal muss nicht entscheiden, wem es ein Begleitheft in Leichter Sprache anbietet und wem nicht. Man erreicht also sehr viel mehr Menschen. Ich wage mal zu behaupten, dass 95 Prozent der Besucher*innen zumindest teilweise lieber die schnell erfassbaren Informationen in Leichter Sprache konsumieren.

Dies erhöht aber natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich irgendein Akademiker mit Angst um die deutsche Sprache über die unpräzisen oder vermeintlich verdummenden Inhalte mokiert (weshalb so wichtig ist, dass inhaltlich alles korrekt ist).

Das wirkliche Problem ist aber in vielen Fällen: Es muss genug Platz sein. Oft soll die Leichte Sprache ja nachträglich integriert werden. Das ist oft schwierig. Wie immer bei der Barrierefreiheit, gilt also auch hier:

Besser, man plant die Leichte Sprache von Anfang an mit ein.

2. Begleitheft

Ein Begleitheft ist einfacher umzusetzen, im Umfang weniger begrenzt und ich kann später nochmal alles in Ruhe nachlesen (wie viele Menschen das wirklich tun, ist eine andere Frage). Dafür erreichen wir weniger Besucher*innen.

Wichtig ist, dass man ein Format wählt, dass genug Platz für große Schrift und Bilder lässt, und gleichzeitig gut im Stehen gelesen werden kann. Ich empfehle immer 21×21 cm, aber es funktioniert auch die schmalere DIN A5-Variante. Nicht so geeignet sind Flyer in DIN lang oder DIN A4. Daneben sollte das Papier fest genug und möglichst matt sein. Damit das Heft auch beim Laufen oder bei motorischen Einschränkungen nicht von selbst zuklappt, bietet sich eine Spiralbindung an.

Also nochmal zusammengefasst:

Empfehlungen fürs Begleitheft

⦁ Format 21×21 cm
⦁ festes, mattes Papier
⦁ Spiralbindung

3. QR-Code als Zugang zu Informationen

QR-Code
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Mittlerweile bieten viele kulturelle Einrichtungen – gerade im Freien – Inhalte per QR-Code an. Auch immer mehr Menschen mit Lernschwierigkeiten sind mit den kleinen schwarz-weißen Quadraten vertraut. Eine Anleitung und/oder eine helfende Hand vor Ort ist aber trotzdem zu empfehlen. Besonders, wenn erst eine App installiert werden muss.

Übrigens: Ein Beispiel für eine Museums-App, in der Inhalte für unterschiedliche Bedürfnisse barrierearm angeboten werden können, ist die App MuseumStars von Fluxguide. Für Leichte-Sprache-Texte ist zum Beispiel die Schrift deutlich größer.

4. Audioguide

Ein Audioguide ist eine super Idee. Insgesamt geht der Trend ja zu auditiven bzw. audiovisuellen Medien – egal, ob Podcast, Hörbuch oder Youtube-Video. Das ist definitiv auch bei Menschen mit Leseschwierigkeiten so. Es lebe der Erfinder der Sprachnachricht!

Wichtig ist: Unser Audioguide sollte einfach zu bedienen sein und die Führung sollte insgesamt nicht länger als eine Stunde dauern. Das heißt: Wir müssen stark auswählen und kürzen. Denn ein Text in Leichter Sprache wird im Schnitt drei bis viermal länger als das Original.

5. Führung

Die beste Form, Menschen mit Lernschwierigkeiten Inhalte zu vermitteln, ist wohl eine persönliche Führung. Hier sind Rückfragen möglich und kann am besten auf individuelle Bedürfnisse eingegangen werden. Diese Form erfordert aber natürlich mehr logistischen Aufwand als eine Übersetzung, die einmal erstellt dauerhaft genutzt werden kann. Toll ist, wenn die Führer*innen selbst Expert*innen in eigener Sache sind – auch, wenn das in der Regel eine Kooperation mit einer sozialen Einrichtung erfordert.

Das Marketing nicht vergessen

Ideal ist natürlich ein Mix: Eine Führung in Einfacher Sprache, ausgewählte Wand- und Objekttexte sowie ein Begleitheft für tiefergehende Informationen.

Wie bei allen Angeboten in Leichter Sprache gilt auch hier: Die Menschen kommen nicht wie andere Zielgruppen von selbst in das Museum. Hier kommt die Website ins Spiel und vielleicht noch ein Flyer für Menschen ohne Internetzugang. Beides soll neugierig machen. Doch nicht nur das. Hier müssen auch grundlegende Informationen vermittelt werden wie: Komme ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Museum? Oder: Ist das Museum auch für Menschen mit Rollstühlen barrierefrei? Darüber hinaus solltest du überlegen, über welche Kanäle und Wege du Menschen mit Leseschwierigkeiten erreichst.

Ein paar Beispiele zum Stöbern …

Umfassende Konzepte sind leider eher die Ausnahme – noch. Ich habe aber eine ganze Reihe an Beispielen für Leichte Sprache im Museum zusammengetragen. Dazu kommen Museen, die ein Begleitheft in Druckform anbieten. Da diese oft nicht online zur Verfügung stehen bzw. beworben werden, tauchen sie hier nicht auf.